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Sonntag, 21. Juni 2009

Schönheitengalerie






Ich hatte komplett vergessen, wie umwerfend ein Sommerabend im Park des Schlosses Nymphenburg in München sein kann, obwohl ich fast ein Jahr in unmittelbarer Nachbarschaft gewohnt habe. Wenn man unter der Woche, kurz vor Schließung des Parks, einen Spaziergang macht, hat man sofort dieses wunderbare Nebensaisongefühl. Alles wirkt verlassen, die hochherrschaftlichen Tee- und Badehäuser erscheinen heruntergekommen, der Putz blättert ab, jetzt, da die Touristen das Weite gesucht haben.
Der Park gehört den Schwänen und Rehen, den römischen und griechischen Göttern, den Geistern der Vergangenheit. Wenn doch ein Jogger oder ein Knutschepärchen deinen Weg kreuzt, bemerkst du das gar nicht richtig. Ich stelle mir vor, wie die 36 adligen und bürgerlichen Schönheiten, deren Bildnisse im Schloss prunken, des Nachts durch die Gärten streifen. Die Schusterstochter Helene Sedlmayr, die Tänzerin Lola Montez, Geliebte von Ludwig I. und Grund für seine Abdankung, Jane Digby, deren bewegtes, unzeitgemäßes Liebesleben man unmöglich in einen Nebensatz quetschen kann. Ihrer aller Geschichten spazieren in der Dämmerung durch den Park, man hört den Kies knirschen unter den Füßen der Schönheiten.





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